Wenn der Shareholder Value regiert

Ich glaube kaum jemand ist das Debakel um Ubisofts Online Kopierschutz entgangen. Inzwischen sind drei Spiele von Ubisoft damit veröffentlicht worden: „Silent Hunter 5“, „Assasins Creed 2“ und „Die Siedler 7“. Bei jedem Spiel gab es massive Probleme, da die Server von Ubsisoft per DDoS an diversen Wochenenden angegriffen wurden. Ein absolut nicht durchdachtes System also und die ehrlichen Kunden waren die Leidtragende, welche ihre Wochenenden ihre Spiel nicht geniessen konnten. Aber statt nun wie damals bei Starforce Kopierschutz (welcher sich als Rootkit im System eingenistet hat) Einsehen zu zeigen, beharrt Ubisoft weiter auf diese Gängelung der Kunden. Nun setzen sie sogar noch einen drauf. Ab sofort will man auf gedruckte Handbücher verzichten und diese nur noch als Online oder PDF Variante auf der DVD beilegen.Viele lesen zwar diese Handbücher wirklich nicht, aber es zeigt einfach die Wertschätzung gegenüber dem Kunden.

Viele Kunden haben zwar jetzt noch eines dieser Spiele erworben (wie ich mit Assasins Creed 2) aber in diversen Foren ihre Empörung kundgetan und klar gemacht, dass sie beim nächsten Ubisoft das Vorhandensein eines solchen Kunden feindlichen Schutzmechanismus ausschlaggebend sein werde, ob sie es kaufen oder nicht. Bei mir ist es momentan mit „Splinter Cell Conviction“ der Fall. Ich würde gerne das Spiel kaufen, aber nicht für den Preis meiner Nerven. Zudem fehlen solche Schutzmechanismen bei den Budgettitel meist, da es sich nicht mehr lohnt weiterhin die Infrastruktur wie Server aufrecht zu erhalten. Nur die Frage ist: was machen die Kunden dann mit der Version mit dem vorhandenen Schutz?

Würde man aber nun annehmen diese Kunden feindliche Einstellung findet sich nur bei Ubisoft, so irrt man. Activsion Blizzard schiesst zur Zeit den Vogel mit Call of Duty Modern Warfare 2 ab. Zuerst streicht man die dedizierten Server (und damit Modifzierbarkeit zu verunmöglichen, damit man 5 lächerliche Maps für 15 Euro verkaufen kann, davon 2 vom Vorgänger recycled), dann kündigt man den kreativen Köpfen, nur weil man Bonuszahlungen in Millionenhöhe nicht auszahlen will und vernichtet damit wahrscheinlich eine der wichtigsten Franchisen des Konzerns nach World of Warfcraft (WoW). Aber kein Wunder, der CEO von Activision Blizzard hat letztlich bei einer Veranstaltung für Investoren klar gemacht, dass seiner Meinung nach Entwickler zu viel Spass bei der Arbeit hätten. Die Konsequenzen hat er nun. Aber dieser Wahnsinnige hat schon vorher angefangen, den grössten Spielverlag der Welt zu demontieren. So wurde kurzerhand die Erfinder von Guitar Hero aufgelöst und nun arbeiten nur noch Akkordsklaven an weiteren Sequels der Spielserie. Der Herr hat nun das Gefühl, dass jede Spielmarke wie World of Warcraft zur Gelddruckmaschine taugen muss. Dass dabei die Vielfalt und Kreativität auf der Strecke bleibt, scheint ihn nicht zu interessieren. Und ausgerechnet in dem Umfeld soll nun Blizzard, ehemals das angesehenste Spielstudio der Welt, weiterhin qualitativ gute und innovative Spiele wie Starcraft 2 oder Diablo 3 entwickeln? Ich mache mir ernsthafte Sorge um gewisse Franchisen. Wie die Aufteilung von Starcraft 2 in drei Teilen zeigt, hat dieses Denkschema bei Blizzard schon Einzug gefunden.

Hier ein guter Artikel der die Meinung des Activsion-Blizzard CEOs zusammenfasst. Gewisse Zitate von dem Herrn sind haarsträubend. Zum Beispiel:

We have a real culture of thrift. The goal that I had in bringing a lot of the packaged goods folks into Activision about 10 years ago was to take all the fun out of making videogames.

Bei der Nummer Zwei, Electronic Arts (EA) hat es zwar etwas gebessert seit einiges an Führungspersonal ausgetauscht wurde. So wurde vermehrt auf neue Marken wie „Dead Space“, „Mirrors Edge“, „Blocks (von Steven Spielberg) oder „Spore“ etc. gelegt die innovativ und frisch daher kamen. Aber kehrt um ist zeigen Entwicklungen bei „Need for Speed“ (NFS) oder „Command & Conquer“ (CnC), dass einem die langjährigen Fans scheiss egal sind. „NFS Shift“ mag ein gutes, ja meiner Meinung nach sogar sehr gutes, Rennspiel sein. Aber es hat nichts mit Need for Speed zu tun, wo Polizeiverfolgungen, fette Karren und Rennen durch Stadt und Land massgeblich waren. Gut zu hören, dass beim nächsten Teil Criterion (Macher von der Arcade Granate „Burnout“) sich um Need for Speed kümmern sollen. Das Studio von „NFS Shift“ war nur eine Notlösung. So war das Game auch schon länger unter anderem Namen in der Entwicklung und wurde dann nach dem Debakel von „NFS Undercover“ kurzerhand zu einem NFS Titel lanciert. Genauso das letzte Command & Conquer. Es ist der peinliche Versuch an das geniale „Dawn of War 2“ heran zu kommen. Während das neue Konzept von weniger Einheiten die taktischer eingesetzt werden müssen ohne Basenbau bei Warhammer genau passt (siehe die Vorlage als Tabletop), so wirkt es bei CnC 4 auf- und schlecht umgesetzt!

Das grösste Übel sind aber heute Dowload Contents (DLC). Es spricht nichts dagegen, wenn der Hersteller nach einiger Zeit wenn die meisten das Spiel schon genügend gespielt haben ein nettes Zusatzpaket bringt zu einem vernünftigen Preis (schliesslich muss so einiges nicht mehr neu programmiert werden). Aber heute kommen diese Zusätze ab dem ersten Tag. Der Kunde fragt sich zurecht: wurde mir nun hier nicht das komplette Spiel verkauft? Wenn die Zusätze nämlich relevant sind (allen voran bei Onlinespielen) dann muss man sich fragen, wie legitim sind solche Vorgehen. Und man könne darauf verzichten? Schwer möglich wenn das Spiel einem gefällt und die Zusatzinhalte Vorteile versprechen. Fakt ist: am Schluss hat man für ein vollwertiges Spiel deutlich mehr bezahlt als sonst üblich. Das schlimme ist, wenn so etwas in Marketing-Hände gerät. Denn dann wird es unfair. Das verleitet immer mehr dazu, nur das halbe Spiel zum Vollpreis abzuliefern und damit eine verborgene massive Preiserhöhung auf dem Markt zu etablieren. Später wird das ganze vielleicht dann dazu benutzt, ganz allgemeine Preiserhöhungen ohne Mehrwert recht zu fertigen. Während Konsolen-Spieler das schon lange gewohnt sind, ist es genau dort doppelt eine Schweinerei. Schliesslich bezahlt der Konsolen-Spieler so schon 20 bis 40% mehr als ein PC Spieler für das Spiel (ua. wegen den Lizenzzahlungen an den Plattform-Inhaber wie Microsoft oder Sony). Wenn man bedenkt dass dort für 5 Maps gut 20.-CHF verlangt werden, wo beim PC Shooter mit grosser Community (Valve, id-Software, Epic) hunderte von guten Maps frei erhältlich sind und man den Fans mit Gratis Inhalten dankt (alle Left4Dead Inhalte waren für PC Gamer gratis, genauso die Bonuspacks von Epic zu UT3), meinte man bei Microsoft, man könne zu Left4Dead keine Inhalte gratis anbieten, es müsse zwingend eine Wertschöpfung stattfinden. Man könnte es auch einfach als gute Werbung ansehen, das ist auch Wertschöpfung! Und glaubt mir liebe BWL’er das zahlt sich bei der Kundenbindung langfristig aus. Aber langfristiges Denken, ist heute wohl zu viel verlangt wo nur noch als Vierteljahr abgerechnet wird.

Wie können wir Spieler dem begegnen? Nur mit Verzicht. Konsequent Produkte mit Kunden feindlichen Schutzmassnahmen im Regal stehen lassen. Genauso Spielserien nicht mehr bei den Käufen berücksichtigen deren Konzerne die den kreativen Köpfen kein Freiraum mehr lassen oder die die Kunden mit überteuerten DLC über den Tisch ziehen. Erst wenn die Umsatzzahlen nicht mehr stimmen und die Herren CEOs und Marketingchefs den Investoren erklären müssen, warum ihre Quartalszahlen nicht mehr stimmen, wird sich vielleicht was ändern. Wunder dürfen wir aber wie der Fall EA zeigt nicht erwarten. Zwar hat ein Umdenken, genau wegen roten Quartalszahlen, stattgefunden, aber nicht in dem Masse wie es wünschenswert ist. Irgendwann sollte man vielleicht auch eine Franchise mal ein Jahrzehnt Ruhen lassen (wie guter Wein) um neue Ideen zu sammeln und stattdessen neue Marken erschaffen. Das ist übrigens sowieso ratsam. Ewig lässt sich keine Kuh melken, und je arger man sie melkt um so eher ist sie tot!


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Kommentare

Eine Antwort zu „Wenn der Shareholder Value regiert“

  1. Avatar von puppetmaster
    puppetmaster

    Ich steh im Moment eher auf alpha version von indi-desiger bei denen man sogar noch was wünschen oder beitragen kann.

    http://www.minecraft.net
    https://notch.tumblr.com/

    Overgrowth
    https://blog.wolfire.com/

    Bei dieser „das musst du unbedingt sofort kaufen sonst verpasst du was“ Gesellschaft mach ich seit längerem nicht mehr mit.

    Gruss

    Christian

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